WISSENSTRANSFER. Die im Rahmen der Hightech Agenda Bayern geförderten neuen Technologietransferzentren (TTZs) sind derzeit in aller Munde. Die Zahl der TTZs der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) ist im Juli 2023 von zwei auf fünf gestiegen. Neben Bad Neustadt und Haßfurt erhalten jetzt auch Bad Kissingen, Kitzingen und Marktheidenfeld ein TTZ und werden damit zum Hochschulstandort.
Ein Technologietransferzentrum (TTZ) dient als Schnittstelle für den Austausch von Forschungs- und Wissensressourcen von Hochschulen in die Wirtschaft und die Gesellschaft. Als geförderte Initiative des Freistaats Bayern bilden Technologietransferzentren Knotenpunkte für die Übertragung von Erkenntnissen aus der Forschung in die Praxis. In enger Zusammenarbeit mit regionalen und überregionalen Kooperationspartnern machen Forschungseinrichtungen einen bestimmten technischen Wissensbereich für kleine, mittelständische und große Unternehmen nutzbar. Gemeinsam erarbeiten Hochschulen und Unternehmen in kooperativen Projekten konkrete Lösungen für technologische Herausforderungen und sorgen so dafür, dass Innovation in die Region fließt. Dadurch stärken TTZs die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung einer Region und tragen zum Erhalt der damit verbundenen Arbeitsplätze bei. Der thematische Fokus eines jeden TTZ liegt dabei immer auf den aktuellen Bedürfnissen der Region. Die THWS hat mit dem TTZ Elektromobilität (TTZ-EMO) in Bad Neustadt bereits ein TTZ mit Vorbildfunktion geschaffen.
Das im Jahr 2012 gegründete Zentrum konnte nach einer erfolgreichen fünfjährigen Aufbauphase in vollen Betrieb gehen und beschäftigt derzeit 35 Mitarbeiter und Studenten. Diesem Beispiel folgend, befindet sich das TTZ Haßfurt (TTZ-HAS) unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Krückel gerade im Aufbau. Das seit 2021 geförderte TTZ ist besonders auf die Bedürfnisse der Industrie Mainfrankens und der Region Haßberge ausgerichtet.
Das TTZ Haßfurt
Das Technologietransferzentrum Haßfurt wird durch den Studiengang Kunststoff- und Elastomertechnik der THWS betrieben. In der Region Haßberge sind rund 4.500 Mitarbeiter in der Kunststoffrohrindustrie tätig, was etwa einem Drittel der Branche in Deutschland entspricht. Im globalen Vergleich stellt die Region eine einzigartige Expertise und Spitzentechnologie auf dem Gebiet der Kunststoff-Wellrohre. Wellrohr- Systeme werden beispielsweise für die Weiterleitung von Flüssigkeiten, Energie oder Daten genutzt und finden vielseitige Anwendungsbereiche, angefangen von der Automobilindustrie über das Bauwesen bis hin zu industriellen Anwendungen. Gemeinsam mit der THWS und den kooperierenden Unternehmen der Region soll sich der Standort zu einer einzigartigen Plattform für die Forschung und Entwicklung von Kunststoffrohren und Rohrsystemen entwickeln.
Zu den vielfältigen Themengebieten gehören die Produktion innovativer „intelligenter“ Wellrohre, die mit leitfähigen Schichten und Sensorik ausgestattet sind, der Einsatz nachhaltiger Materialien in Rohren, die Recyclingfähigkeit von Mehrschichtrohren wie auch die Weiterentwicklung der Prozesse hinsichtlich Industrie 4.0 bzw. Digitalisierung. Die Hauptaufgabe des TTZHAS besteht darin, das vorhandene Know-how weiterzuentwickeln und die Marktposition zu festigen. Dies geschieht durch den organisierten Austausch von Wissen zwischen der Industrie und der Hochschule. Studentische Arbeiten wie Abschluss- und Projektarbeiten, kooperative Promotionen und bilaterale Zusammenarbeit dienen diesem Zweck. Dies eröffnet Studierenden die Möglichkeit, eine akademische Ausbildung zu absolvieren und die ersten Kontakte zur heimischen Industrie zu knüpfen. Den Firmen aus der Region Haßberge bietet das wiederum die Möglichkeit, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren, eigenen qualifizierten Nachwuchs auszubilden und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Ein Zwischenstand aus Haßfurt
Zwei Jahre nach dem Startschuss befindet sich der Aufbau des TTZHAS in vollem Gange. Auf dem Gelände der Heinrich-Thein-Berufsfachschule Haßfurt soll ein Neubau entstehen, der neben Büro- und Laborräumen auch eine Maschinenhalle für diverse Extrusionsmaschinen beinhaltet. „Die größte Herausforderung besteht zu diesem Zeitpunkt in der Vielfalt der Aufgaben und der großen Zahl an Entscheidungen, die tagtäglich getroffen werden müssen“, so Prof. Dr. Krückel. Neben seiner Rolle als Dozent für den Studiengang Kunststoff- und Elastomertechnik an der THWS arbeitet er mit seinem Team an der Umsetzung einer effizienten Interimslösung und ist gleichzeitig an der Planung des Neubaus beteiligt. Von der Positionierung der Steckdosenleisten bis hin zur Bestellung der ersten großen Maschinen – das TTZ von Grund auf mit aufzubauen, erlaubt viel Raum, eigene Vorstellungen und Ideen umzusetzen: „Mit großer Gestaltungsfreiheit kommt auch eine große Verantwortung. Unser Ziel ist es, im TTZ Haßfurt ideale Bedingungen für angewandte Forschung im Bereich der Kunststoffrohre und einen entsprechenden Technologietransfer in die Region zu schaffen“, so der Leiter des TTZs. Bis der Neubau steht, ruht die Forschung jedoch nicht. Einstige Klassenzimmer wurden zu Büroräumen umfunktioniert, in einer ehemaligen Umkleide entsteht gerade ein Serverraum und hinter einer unscheinbaren Tür verbirgt sich in einer alten Werkshalle das zukünftige Herz des TTZs. Hier steht seit Kurzem die erste Maschine und wartet auf ihren Einsatz.
(Verfasser/Bilder: Klara Thein, THWS)